Baustellen.
Ceremonies.

Immer und überall.

Erstere nicht so toll.
Gefühlt wird Bali gerade komplett zugepflastert.

Neue Villas.
Neue Restaurants.

Überall wird geklopft und gesägt.
Reisfelder verschwinden.
Eines nach dem anderen.

Dennoch verständlich.

Reisfeld Romantik gibt’s nur für Touristen.

Für die Reisbauern eine der härtesten Arbeiten, die ich kenne.
Egal in welchem Wachstumsstadium.

Gebückt Setzlinge pflanzen.
Unkraut jäten im Matsch.
Mit der Sichel mähen.
Händisch den Reis von der Ähre trennen.
Feld wieder aufbereiten.
Umpflügen.

Dreimal im Jahr.

Sehen kaum – eigentlich keine – jungen Menschen diese Arbeit machen.

Doch nachvollziehbar.

Ein Rechenbeispiel Reisfeld versus Guesthouse:

1,8 Tonnen Reis-Ernte pro 10.000 m².
Einnahmen für die Bauern aus dem Verkauf (ca. 1,1 Mio IDR/t):
= 106 Euro für 1,8 Tonnen (6 Cent kg).
= 1,06 Cent/m².

Im Vergleich dazu unsere Unterkunft bei Medy im Jayandra House:

Ca. 30 Euro/Zimmer.
Guesthouse mit 4 Zimmern.
Grundfläche plus Garten ca. 250m².

Einnahmen Vermietung (4 Monate, 50% Auslastung):
= 1.800 Euro.
= 7,2 Euro/m².

Mehr als das 680-Fache von einem Reisfeld!!!
In der gleichen Zeit.
Ohne sich körperlich kaputt zu machen.

Wahnsinn, oder?
Erklärt, warum Reisfelder so gerne gegen Guesthouses getauscht werden.
Und in den bisher ungenutzten Regenwald-Schluchten Apartment-Burgen entstehen.
Diese vorzugsweise von Russen und Chinesen gebaut/gekauft.

Bleibt nur die Frage:

Wenn alle Reisfelder weg sind.
Die Natur maximal zurückgedrängt.
Verbaut.
Warum wollen Touristen dann noch hierher kommen??

Lieber zu Wort zwei.

Ceremonies.

Kein Tag ohne.

Kein Scherz!

Schon bei unserer allerersten Fahrt vom Flughafen nach Ubud:
Ceremony bzw. kleine Prozession auf der Straße.

Tägliche Opfergaben.
Persönliche Ceremonies.
Wie Hauseinweihung oder Begräbnisse.

Der Verkehr muss schon mal dafür stoppen.
Wird von den Pecalang, der Religionspolizei, geregelt.
Erkennbar an den schwarz-weiß-karierten Sarongs.

Große Bali-weite Feste.
Wie Nyepi mit den Ogoh Ogoh Paraden am Vorabend.
Oder Odalan, das jährliche Tempelfest.

Und Galungan & Kuningan.
Das wir in unseren letzten Bali Tagen noch miterleben.

Galungan als eines der wichtigsten Feste.
Feiert den Sieg des Guten (dharma) über das Böse (adharma).
Der Tag, an dem die Seelen verstorbener Verwandter die Erde besuchen.

Und 10 Tage bleiben.
Bis Kuningan.
Dann verlassen sie die Erde wieder.

Balinesen heißen ihre Vorfahren mit Gebeten und Opfergaben willkommen.
Über die gesamte Zeit hinweg.

Dementsprechend intensiv die Vorbereitungen.
Wuchernde Pflanzen gestutzt.
Alles geputzt.
Sogar Mopeds abgekärchert.

Opfergaben an allen möglichen und unmöglichen Stellen platziert.
Unsere Unterkunft wird reichlich bestückt.
Unser Moped ebenfalls.

Als besonderes Zeichen die Penjors.
Große, prachtvoll geschmückte Bambusbögen.
Vor jedem Haus.
Versehen mit zahlreichen Opfergaben.

Was sie genau symbolisieren, ist auch für Balinesen nicht so klar .
Von Symbol für den heiligen Berg Agung bis zu Symbol für die Naga (hier mehr Details).

Adit, unser Gastgeber im Yoni Karana House, lädt uns zur ersten Ceremony an Galungan zu sich nach Hause ein.

Sarong natürlich Pflicht.
Für Arno zusätzlich ein Udeng.
Die traditionelle Kopfbedeckung der Männer.

Diesmal kommt er nicht aus, haha.

Bin schon sehr gespannt, wie’s wird.

Er komme um 8 Uhr.
Meint Adit zwei Tage davor.

Wir überpünktlich brav geduscht und Kaffee bereits intus.
Eine Stunde vergeht.
Kein Adit.

Kurz nach 9:
Er würde gegen 09.30 kommen.
Ob’s passt.
Um 09.40 ist er dann da.

Balinesisches Zeitrechnung.

Bei ihm zu Hause legt mir seine Mutter den Sarong an.
Sein Vater kümmert sich um Arno.

Dann geht’s in den Haus-Tempel.
Wo die Schreine aller Ahnen stehen.
Die Offerings schon vorbereitet sind.

Hatte mir eine gemeinsame Ceremony der gesamten Familie erwartet.
Doch kommt anders.

Ein reges Kommen und Gehen der einzelnen Familien-Teile.
Eltern, Großeltern, Tanten, Onkel, Kinder.
Meist 4 – 6 Personen.

Jede/r erbringt seine Offerings.
Seine Gebete.
Für seine Vorfahren.

Ausgerichtet Richtung Mount Agung.
Dem Sitz der Götter.
Und Ahnen.

Adit lädt uns ein, mit ihm gemeinsam das Gebetsritual zu machen.

Ablauf natürlich genau vorgegeben:

  • 1. Runde die Hände über den Rauch der Räucherstäbchen reiben – gefaltete Hände zur Stirn führen (drittes Auge!) – für ein kurzes Gebet, Danke oder Wunsch an die Götter und Ahnen..
  • 2. – 4. Runde jeweils eine Blume in die gefalteten Hände nehmen, zur Stirn führen, nach dem Gebet hinter das linke, das rechte Ohr, oben aufs Haar stecken.
  • 5. – 7. Runde Holy Water: zwischen den Händen verreiben, trinken, den Kopf damit benetzen – jeweils auch wieder die gefalteten Hände zur Stirn. Zusätzlich besprengt ein anderes Familienmitglied unsere Köpfe mit Holy Water.
  • 8. Runde Reis: auf die Stirn und an den Hals kleben (als Zeichen der Segnung).
  • 9. und letzte Runde nochmals die Hände über den Räucherstäbchen Rauch reiben.

Alles kniend bzw. im Schneidersitz.
Als besondere Challenge für Arno.

Wie der weitere Tag abläuft, fragen wir.

Gegen Nachmittag kommt die gesamte Familie nochmals zusammen.
Für eine gemeinsame Familien Ceremony.
Bringen die großen Opfergaben.
Essen gemeinsam.

Danach große Ceremony des ganzen Villages im Tempel.
Mit anschließender Prozession durchs Dorf.

So gegen 17.00 sollte diese Ceremony losgehen.
Sollten die Tempelmusik bei uns hören.

Oh, würde die Prozession ja super gerne sehen!

Natürlich um 17.00 keine Tempelmusik.
Auch nicht gegen 17.30.
Schauen mal vor zum Tempel.
Da trudeln die einzelnen Mitglieder erst ein.

Bei der Ceremony könnten wir dabei sein.
Im traditionellen Gewand.
Doch das lassen wir aus.
Kämen uns irgendwie deplatziert vor.
Wollen uns erst der Prozession anschließen (kein Sarong notwendig, yeah).

Gehen zur Zeitüberbrückung essen.
Wird schon eine zeitlang dauern.
Die Ceremony.

Hm.
Essen wohl zu langsam.

Gehen Richtung Tempel zurück.
Nirgends etwas zu sehen.
Oder Musik zu hören.

Vorm Tempel zwar noch jede Menge Mopeds.
Aber drinnen nichts mehr los.

Wir haben’s verpasst.
Sh*t.

Aber ich seh meine Prozession noch!

Am übernächsten Tag.
Als wir von Denpasar zurück kommen.

Mitten am Nachmittag.
Mitten auf der Straße.
Mitten im Verkehr.

Der muss natürlich stoppen.
Wird umgeleitet.
Mit dem Auto Geduld gefragt.
Mit dem Moped easy.

Abends noch eine weiterer Brauch:

Ngelawang.
Kinder (nur Jungs!), die von Haus zu Haus ziehen.
Zwei stecken in einem Barong Bangkung.
Ein Kostüm, das ein Schwein symbolisiert.
Begleitet von lautem Trommeln.
Zum Vertrieben der böse Geister.

Natürlich mit einer Donation Box ausgestattet!

Wie bei uns die Sternsinger.
Nur ohne Singen.
Dafür mit Ungetüm.

Ein gutes Drittel ihres Einkommens verwenden Balinesen für Ceremonies (für Datenjunkies hier genaue Infos).

Besonders teuer sind Begräbnisse.
Feuerbestattung.
Die aller einfachste kostet ca. 900 Euro.
Eine durchschnittliche 4.500 Euro.
Bei einem monatlichen Durchschnittseinkommen von 210 Euro.

Kann sich kaum eine balinesische Familie leisten.
Daher müssen ärmere Balinesen mit der Bestattung warten.
Bis jemand wohlhabender stirbt.
Oder eine Massen-Kremationen stattfindet.
Wie z.B. alle 5 Jahre in Ubud.
Die Wartezeit verbringen die Toten in einem Erdgrab.

Zeitaufwand ebenso beeindruckend:

Männer täglich 1,5 Stunden.
Frauen täglich 5 (!!) Stunden.

Bereiten alle Offerings & Feste vor.
Führen das tägliche Ritual im Haus durch.
Immer in der traditionellen Festkleidung.

Ceremonies & Offerings.
Zeitintensiv.
Teuer.

Bewirken aber auch einen starken Zusammenhalt in der Community.
Sind wunderschön anzusehen.
Schaffen eine einzigartige Stimmung.

Den Bali-Vibe, den wir so lieben.


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